Müssen wir hinnehmen, dass täglich hunderte, im Jahr sogar tausende Flüchtlinge sterben? Gibt es in der heutigen Gesellschaft eine moralische Pflicht alles Vernünftige zu tun um Menschen zu helfen? Wer sind diese Menschen, die sich auf diese lebensgefährliche Reise machen? Und wer sind wir, die dabei zugucken, wie diese Menschen vor unseren Augen sterben?
Es sind Menschen wie du und ich. Sie wollen einfach nur Leben. Da, wo sie herkommen, ist ein Leben nicht möglich. Sie haben nichts. Sie existieren nicht in dieser Welt in der jede_r an sich selbst denkt. Gelingt ihnen die Flucht nicht, so werden sie irgendwo im Meeresgrund begraben. Schaffen Sie es doch, so erwartet sie ein großes Unglück, denn was sie an den Grenzen erwartet ist kein freundlicher Empfang. Ihre Reise ist lang und schwer. Die erschöpften Flüchtlinge werden direkt in ein Lager gebracht. Abschiebelager. Dort werden sie von Polizisten_innen mit sterilen Handschuhen und Mundschutz fotografiert, verhört, ihre Finger schwarz angemalt und auf ein Papier gedrückt. Sie dürfen dann für eine kurze Zeit in der Festung Europas bleiben, bis sie dann mit Gewalt abgeschoben werden. Und dennoch kommen sie wieder und wieder und wieder. Auch wenn Europa seine Grenzen sehr gut überwachen lässt, diese Menschen haben nichts zu verlieren. Die Hoffnung hält sie noch am Leben. Die Hoffnung auf eine bessere Zeit.
Vor Jahren baute Europa eine neue Mauer. Diese meterhohe Mauer soll für die Sicherheit Europas sorgen. So nahm mit dieser Mauer auch die Menschlichkeit der Menschen ab. Menschenrechte die immer wieder betont worden sind, wurden mit dem Bau der Mauer weggeworfen. Eigentlich ist es unmöglich über die Zäune zu klettern, aber dennoch versuchen es viele Flüchtlinge. Immer wieder und wieder und wieder. Was haben sie auch zu verlieren.
Die Europäische Union hat die südlichen Grenzen so sehr verschärft, dass sogar ertrinkende Menschen mitten im Mittelmeer absichtlich übersehen werden. Man darf nicht vergessen, dass sogar in Ländern wie Italien Gesetze verabschiedet worden sind, wonach die Rettung von Flüchtlingen als Verbrechen angesehen wird.
Das Dublin II Abkommen hat Brüssel so geschaffen, dass sie sich elegant vor der Verantwortung drücken konnten. Denn das Abkommen sieht vor, dass Flüchtlinge ohne richtige Dokumente, in das Land ihrer Einreise in der EU zurück müssen. Meist sind das Länder wie Griechenland, Spanien und Italien. Wenn wir uns die Tragödie von Lampedusa ansehen, dann wird uns bewusst, dass dies die Folge einer europäischen Flüchtlingspolitik ist, die der Definition eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit entspricht.
Wenn wir darüber nachdenken, welch einen gefährlichen Weg die Flüchtlinge auf sich genommen haben und sie dabei hätten ums leben kommen können, wird uns bewusst, wie erst die Situation in ihrer Heimat gewesen sein muss. Und wenn wir dann noch darüber nach denken, was dafür getan wird um die Flüchtlinge nicht hereinzulassen, dann fragt man sich wirklich, ob man in der richtigen Zeit lebt. Natürlich haben wir uns Menschen fortschrittlich weiter entwickelt. Sei es in der Wissenschaft, in der Technik oder in der Medizin. Aber was das Menschliche und die Moral anbelangt, da gehen wir zurück.
„Wenn der Mensch im Menschen den Menschen stets erkennte, so manche Schranke nicht von Menschen Menschen trennte; es würde weniger Mensch gegen Menschen stehn, es würde sich kein Mensch am Menschlichen vergehn.“ – Friedrich Rückert