Sind Gefängnisfluchten in Deutschland verboten? Richtig, nein!
Der Grund ist der sich in jedem Menschen befindliche instinktive Drang nach Freiheit.
Die Strafen, die in der Regel meistens trotzdem auftreten, sind lediglich auf die Kollateralschäden zurückzuführen, die oft Folgen der Ausbrüche sind und die Flucht erst ermöglichen. Ein Fluchtweg muss natürlich oft erst gebildet werden, und genau dieser Vorgang ist in der Regel an Delikten gebunden (Sachbeschädigung, Körperverletzung usw.).
Aber im Kern bleibt der Drang zur Flucht Richtung Freiheit legal. Das erkennt auch der Gesetzgeber.
Aus dem Grund heiße ich euch Flüchtlinge in meiner Stadt willkommen.
Ihr, die ihr unter der EU-Politik leidet, und offenbar auf ewig dazu verdammt seid, an den Folgen des Kolonialismus durch die EU-Vorgänger zu verhungern: Ihr habt das Recht, euren menschennatürlichen Instinkt nach Überleben zu verwirklichen und Europa zu betreten.
Aus der Frage heraus, was sich wohl in der Psyche eines bis auf die Knochen verarmten Menschen abspielt, entwickelt sich meine Toleranz gegenüber eurer Entscheidung, meinen Kontinent betreten zu wollen. Im Klaren darüber, dass nur wenige Kilometer vor euch die weltweit größte Kluft zwischen Arm und Reich trennen, toleriere ich es umso mehr.
Ein Kontinent, der sich als Verfechter des Friedens preisgibt und als Inkarnation der Sozialsysteme gilt, sollte sich dessen bewusst sein, dass seine von Selbstverherrlichung geprägte Werbung eben Menschen anzieht.
Einerseits ist dieses sichere Europa geographisch so nah, doch menschlich so fern.
Denn wir Europäer bauten über Jahrhunderte all eure Gründe zum Flüchten erst auf und euren Kontinent ab. Beuteten euch erst aus und versklavten euch, verbaten dann eure Sprachen und drückten euch unsere auf, beseitigten eure Politik und zwangen euch unsere auf, befreiten euch von euren Reichtümern und nahmen sie an, nahmen euch die politische Ordnung und gaben euch Scherben, und jedes Mal, wenn ihr versucht diese Scherben aufzuheben, schneidet ihr euch an diesen Scherben; zersplittert führt ihr Bürgerkriege, um das politische Vakuum, das wir hinterließen, zu füllen, aber zersplittert immer mehr dabei. Gefangen seid ihr in diesem Knast der Abwärtsspiralen, den wir euch erbauten.
Noch viele Jahre danach dürft ihr, die diesem Gefängnis entflüchten wollen, nicht alle in den sicheren Norden ausweichen. Wir zerstörten euren Kontinent, gaben euch Grund zu fliehen, und enthalten euch unseren Kontinent als Fluchtoption vor. Währenddessen kaufen wir weiter euren Kontinent, ihr aber dürft unseren nicht betreten.
Die Kolonisation endete nie.
Manche Menschen und Philosophen vertreten die Meinung, dass sich die Menschheit durch Tragödien weiterentwickelt. Skandale, die sich in der Menschheitsgeschichte abspielen, helfen uns – so sagt man – durch ihre offensichtliche Boshaftigkeit, die im Nachhinein klar wird, beim nächsten Mal vermieden zu werden. Fehler, die begangen werden, helfen dem Menschen im Anschluss orientierter darüber zu urteilen, was falsch und was richtig ist.
Ein Holocaust fand statt und ließ die Menschen wissen, dass er sich auf keinen Fall wiederholen darf.
So sieht es nur in der Theorie aus. Die Wahrheit ist, Menschheitsverbrechen verschwinden nicht mit der Zeit, sondern werden von ihren Verantwortlichen in Zukunft nur besser versteckt. Die Stasi-Spionage war ein Skandal, aber blieb er denn unwiederholt? Wie war es denn nochmal vor kurzem mit der NSA? Trotzdem gibt es Menschen, die beides nicht miteinander vergleichen wollen. Es herrschen nämlich große Unterschiede. So ist es! Während sich die Stasi hauptsächlich auf ein einziges abgeteiltes Land beschränkte, fiel die ganze Welt der NSA zum Opfer.
Und so ist es mit dem Kolonialismus. Er zerstörte wahrscheinlich auf ewig diesen einst so reichen Kontinent. Das wird oft und gerne von den Nachfolgern jener verantwortlichen Staaten bedauert, doch leider nur mündlich.
Denn in der Praxis tun ihre Firmen dasselbe wie zu kolonialistischen Zeiten, nur smarter verpackt – und zwar ohne Kriegsführung. Manche Prinzipien bleiben böse. Die Zeit filtert nur ihre Erscheinungsform. Mit der Zeit verbessert sich nämlich das öffentliche Urteil der Menschen über gut und böse, also passen Machthaber ihre Verbrechen nach außen besser an, um unentlarvt zu bleiben.
Europäer und Amerikaner eignen sich afrikanische und asiatische Flächen an, um weltweit (global) zu wirtschaften und lassen Einheimische unter unmenschlichen Bedingungen für erschütternd niedrige Löhne ackern. Was bleibt den Einheimischen anderes übrig? Sie können nicht widerstehen, denn nicht partizipieren bedeutet versuchte Konkurrenz. Und konkurrieren fällt schwer, wenn europäische Konzerne durch moderne Mittel in der Lage sind, selbige Produkte in hundertfach größeren Massen in besserer Qualität für einen zehn Mal billigeren Preis anzubieten.
Westliche Länder intervenieren nicht mehr mit Kriegswaffen in Afrika, um an das Geld ranzukommen. Ihre Waffe in Afrika ist das öffentlich akzeptierte Prinzip der freien Marktwirtschaft, das die Leute verarmen lässt und somit die Push-Faktoren fördert.
Wollt ihr Flüchten? Frontex wartet auf euch.
Und manchmal merke ich: Die EU-Idee wirkt wie ausgedehnter Nationalismus. Er beschränkt sich nicht auf Länderebene, sondern auf Kontinentenebene. All seine finanziellen und sozialstaatlichen Privilegien – und seine Mitgliedschaft – sind nur denjenigen Ländern vorbehalten, die das Glück hatten, geographisch in einem Fleck namens „Europa“ zu liegen. Welch ein lächerlicher und nationalistischer Grund. Alles andere außerhalb kann ruhig weiter hungern. Aber da gibt es noch eine Bedingung: Wer innerhalb Europa in die EU beitreten will, muss über eine gewisse Wettbewerbsfähigkeit verfügen. Um Geld dreht sich schließlich alles.
Was ist denn diese Union? Sie ist ein Zusammenschluss eines relativ kleinen Kreises (Europa) innerhalb eines viel größeren Kreises (die gesamte Welt). Das ist die Hauptvoraussetzung für schnelles Geld: Reichtum kommt dann zum Ausdruck, wenn möglichst viel Geld auf möglichst wenig Menschen trifft. Muss man alle versorgen, und zwar den ganzen großen Kreis (die gesamte Welt) wirkt kein Reichtum – aber so ist das Geld gerechter verteilt. Gerechtigkeit ist aber leider nicht das Ziel. Lieber kapselt sich dieser kleine Kreis ab und lässt so viel Geld wie möglich in seinem Innern rotieren.
Die EU hat keinen Platz für Menschen, die es noch versorgen soll. Wird jemand reicher, werden andere ärmer. Für die (dritte) Welt bedeutet es also nichts Gutes, wenn Europa mit seinem lediglich zehnprozentigen (!) Anteil an der Weltbevölkerung immer wohlhabender wird. Häuft sich Geld an einem Punkt, fehlt es woanders. Doch selbst in Europa wird bis auf wenige Konzerne keiner reicher. Fehler oder Absicht?
Wenn es also stimmt, dass es teuer und voll werden kann, wenn viele Flüchtlinge in meine Stadt kommen, dann soll es so sein. Teuer und voll ist sie sowieso längst. Aber eher waren Studenten dran Schuld, als dass ihr es wart.
Der Unterschied zwischen euch Flüchtlingen und anderen ist: Ihr kommt, um zu überleben. Und seid ihr einmal hier, seid ihr gezwungen auf Straßen zu leben und verlassene Gebäude zu besetzen, die dann noch angegriffen werden.
Kein europäischer Politiker sollte sich jemals wundern, wieso so viele Flüchtlinge kommen. Wer Missstand sät, erntet Flüchtlinge und wir Europäer sollten es tolerieren und unterstützen, Menschen auf unserem Schiff aufzunehmen, deren Schiff wir versenkten. Das ist der erste Schritt, alles andere kommt danach.